Der Nationalsozialismus
Die Anfänge des Nationalsozialismus sind ebenfalls schon auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurückzuführen. Rechtsextreme gaben Linken und Jüdinnen bis Juden die Schuld am verlorenen Krieg. Den Friedensvertrag von Versailles, der kurz nach dem Ersten Weltkrieg von etlichen am Krieg beteiligten Staaten unterzeichnet wurde, nannten sie „Schandfrieden“. Eine dieser rechtsextremen Gruppierungen war die 1920 in München gegründete NSDAP (Nationalsozialistische Arbeiterpartei). 1921 übernahm Hitler die Führung davon. Nach Vorbild Mussolinis organisierte die NSDAP eigene uniformierte Verbände und paramilitärische Organisationen: Mitglieder der Sturmabteilung (SA) in braunen Uniformen dienten dem Schutz von Parteiveranstaltungen, während die Schutzstaffel (SS), schwarz uniformiert, für Hitlers persönlichen Schutz zuständig war.
Bald dienten beide zur Einschüchterung, Terrorisierung und Vernichtung von Gegner_innen. Nach einem gescheiterten Putschversuch wurde die Partei verboten und Hitler inhaftiert. Nach seiner Freilassung gründete er die Partei trotzdem neu, sie blieb aber bis zur Weltwirtschaftskrise eine unbedeutende Splitterpartei.
Nach der Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 hatte die Arbeitslose Masse kein Verständnis für die langsame Entwicklung des Landes. Unter dem Motto „schlechter kann es nicht mehr werden“ setzten vor allem die untere Mittelschicht und Nationalkonservative ihre Hoffnungen auf Adolf Hitler. Von da an gewann die Partei an Zulauf. 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt, seine völlige Machtergreifung erfolgte durch einen propagandastarken Wahlkampf, Verbote von linken Parteien und Medien, Verhaftungswellen von Kommunist_innen und anderen Gegner_innen sowie massiven Einschüchterungen parlamentarischer Gegner_innen durch die SA und die SS, von denen rund 40.000 als Hilfspolizisten eingesetzt wurden. Zudem wurde die GESTAPO geschaffen, die geheime Staatspolizei. Sie besaß weitreichende Machtbefugnisse zur Bekämpfung politischer Gegner_innen und war berüchtigt für ihre brutalen Folter- und Ermittlungsmethoden.
Unter dem nationalsozialistischen Regime wurde eine extrem rassistische und absurde „Rassenlehre“ verbreitet. Ihr zufolge waren „Arier“ die oberste und überlegenste „Rasse“ von allen, „alle anderen Völker“ wurden als Menschen zweiter Klasse kategorisiert. Roma, Sinti und Jüdinnen bis Juden hatten in dieser Rassenideologie keine Existenzberechtigung. Hitler schrieb in seinem Buch „Mein Kampf“, dass alles weltgeschichtliche Geschehen nur „Äußerung des Selbsterhaltungstriebes der Rassen“ gewesen sei und „Rassen sich nicht miteinander vermischen“ dürften.
Bemerkung am Rande: Neonazis und Neofaschist_innen von heute wie etwa die „Identitäre Bewegung“, mittlerweile bekannt unter „Die Österreicher“, haben hierfür einen modernen Begriff geschaffen, den sie unter die Bevölkerung bringen wollen: „Ethnopluralismus“. Dies ist kein wissenschaftlicher Begriff, sondern eine Wortneuschöpfung der Neuen Rechten, um den Rassismus-Vorwurf zu umgehen. Dem Begriff liegt die Vorstellung zugrunde, dass „Völker“ unveränderliche kulturelle Identitäten besitzen und die „europäische Kultur“ v.a. von einer „Islamisierung“ bedroht sei. Ihrem Weltbild nach werden Menschen aufgrund kultureller Zugehörigkeiten klassifiziert. Die „Völker“ dürfen sich nicht vermischen, sondern müssen strikt voneinander getrennt existieren.
Ein weiteres gravierendes Merkmal des Nationalsozialismus war die Glorifizierung der Volksgemeinschaft als nationale Einheit schlechthin. Die Interessen der Einzelnen mussten sich unter jene des „Volksganzen“ unterordnen und “für den Erhalt der Gemeinschaft auch Armut oder Bescheidenheit in Kauf nehmen”, hieß es von der Führungsspitze. Sündenböcke zu finden war auch in dieser Angelegenheit essentieller Teil der Ideologie. Wer keine Leistung brachte, war Feind_in. Dazu gehörten unter anderem Menschen mit Be_hinderungen. Sie wurden zwangssterilisert, ab 1935 wurde ein Eheverbot verhängt und ab 1940 wurden rund 70.000 Meschen mit Be_hinderungen planmäßig vernichtet.
Der rassistische Antisemitismus (Jüdinnen_Judenhass) der Nazis nahm Ausformungen von Diskriminierung im Alltag bis hin zur industriellen Vernichtung und planmäßigem Mord (Shoa) an. Zunächst wurden Jüdinnen bis Juden boykottiert: Durch gesellschaftliche Ächtung, Tolerierung von Gewalt gegen sie, Sündenbocktheorien und die Einführung von „Ariernachweisen“ wurde versucht, Jüdinnen bis Juden aus dem öffentlichen Leben zurückzudrängen. Als nächster Schritt wurden antisemitische Gesetze beschlossen. Die „Nürnberger Gesetze“ beinhalteten das „Blutschutzgesetz“, das besagte, dass Ehen und Beziehungen zwischen nichtjüdischen und jüdischen Menschen untersagt wurden.
Am 9. November 1938 organisierte die NSDAP eine bis dato unvorstellbare Jüdinnen_Judenverfolgung, das Novemberpogrom, verharmlosend auch „Reichskristallnacht“ genannt. Aus einem Bericht der Sicherheitspolizei geht hervor, dass 191 Synagogen in Deutschland und Österreich in Brand gesteckt und weitere 76 zur Gänze demoliert wurden – und das alles unter reger Beteiligung der Bevölkerung. Rund 20.000 Jüdinnen bis Juden wurden festgenommen. Tausende Geschäfte und Wohnhäuser wurden zerstört. Damit begann auch die erzwungene Enteignung von Jüdinnen bis Juden, die sogenannte „Arisierung“. Wer das Land verlassen wollte, musste ihr_sein Vermögen zurücklassen. Allerdings waren viele Staaten nicht bereit, Jüdinnen bis Juden aufzunehmen.
Ab 1940 wurden Jüdinnen bis Juden gezwungen, in „Ghettos“ zu leben. In diesen streng von der Restbevölkerung isolierten Vierteln herrschten katastrophale sanitäre Bedingungen. Wenige Monate darauf begannen die Vorbereitungen für die systematische Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in extra errichteten Vernichtungs- und Konzentrationslagern. Bis zum Kriegsende 1945 wurden zwischen 5,5 und 6,3 Millionen Menschen in der Shoa ermordet.